Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) im Überblick

Bunte Kisten mit dem Bild von Kartons in einem Lagerhaus darauf

„Kleidungsstücke kommen aus Asien, Kakao und Früchte aus Afrika und Kaffee aus Südamerika. Das neue Lieferkettengesetz zielt darauf ab, die Rechte von Personen zu schützen, die Waren für den deutschen Markt herstellen.“

Dieses Vorwort zum deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) auf der Website der deutschen Bundesregierung zeigt, warum Regierungen den menschlichen Aspekt der Lieferkette in den Vordergrund stellen – und damit über die Umweltauswirkungen, wie etwa Emissionen, in der Lieferketter hinausgehen.

Im Jahr 2021 verabschiedete Deutschland das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten, LkSG oder das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Dies ist ein entscheidender Moment in puncto ESG-Verantwortung (Umwelt, Soziales und Governance), da deutsche Unternehmen erstmals rechtlich für die Einhaltung der Menschenrechte in ihren globalen Lieferketten verantwortlich gemacht werden.

Obwohl das Gesetz einen starken Fokus auf das „S“ in ESG legt, ist man der Ansicht, dass Umweltrisiken und ihre negativen Auswirkungen auf den Menschen innerhalb der Lieferkette eng miteinander verbunden sind. Infolgedessen verpflichtet das Gesetz Unternehmen zur Einhaltung internationaler Abkommen, die sich auf Umweltrisiken konzentrieren, wie etwa die Minamata- und die Basler Konventionen. Ziel ist es, Schäden durch Schadstoffe, giftige Chemikalien sowie die Handhabung und Entsorgung gefährlicher Abfälle zu begrenzen.

In diesem Artikel erfahren Sie, wer vom LkSG betroffen ist, was Unternehmen tun müssen, um die Anforderungen zu erfüllen, und wie sie sich auf die Erfüllung der Sorgfaltspflichten vorbereiten können.

Was ist das LkSG?

Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz verpflichtet Unternehmen mit Hauptverwaltung, Hauptgeschäftssitz, Verwaltungszentrale, satzungsmäßigem Sitz oder Niederlassung in Deutschland, Umwelt- und Menschenrechtsstandards in ihren Lieferketten einzuhalten.

Das LkSG führt eine umfassende Liste von Verpflichtungen ein, zu denen auch die Entwicklung eines Risikomanagementsystems zur Einhaltung der Vorschriften gehört. Außerdem werden die erforderlichen Vorbeugungs- und Abhilfemaßnahmen erläutert und die Beschwerdeverfahren vorgeschrieben. Das Gesetz schreibt eine regelmäßige Dokumentation und Berichterstattung vor. Verstöße werden mit hohen Geldstrafen geahndet.

Was müssen Unternehmen tun, um das LkSG einzuhalten?

Unternehmen müssen Verstöße sowohl in ihren eigenen betrieblichen Abläufen als auch bei ihren direkten Lieferanten (von der Gewinnung der Rohstoffe bis zur Lieferung der Waren an den Kunden) überwachen und darauf reagieren, unabhängig davon, ob die Tätigkeit im In- oder Ausland durchgeführt wurde .

Ähnlich verhält es sich, wenn ein Unternehmen von einer möglichen Verletzung von Umweltstandards oder Menschenrechten durch einen seiner indirekten Lieferanten erfährt: Es ist dann verpflichtet, sofort eine Risikoanalyse der möglichen Verstöße durchzuführen.

Das Gesetz legt nicht nur eine klare Verpflichtung für Organisationen in Bezug auf die Leistung ihrer Lieferkette fest, sondern schreibt auch Maßnahmen und sinnvolle Abhilfen vor.

Die wichtigsten Erkenntnisse:

Für Führungskräfte in Unternehmen bedeutet dies, dass sie ihren Lieferketten nun die gleiche Aufmerksamkeit widmen müssen wie der finanziellen Leistung. Der Druck, sich der Vorgänge in den vorgelagerten Bereichen bewusst zu sein, nimmt zu – andernfalls sind sie einem sehr realen Reputations-, Investoren- und finanziellen Risiko ausgesetzt.

Welche Unternehmen fallen in den Geltungsbereich des LkSG?

Es gibt zwei Phasen, um Unternehmen in den Geltungsbereich des LkSG zu bringen.

Phase 1: ab Januar 2023

Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz gilt für in Deutschland ansässige Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten sowie für in Deutschland eingetragene Zweigstellen ausländischer Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten. Die Mitarbeiterzahl umfasst auch das für inländische Unternehmen ins Ausland entsandte Personal. Konzerngesellschaften werden in die Berechnung der Anzahl der Mitarbeiter der Muttergesellschaft einbezogen, und das Gesetz betrachtet Beschäftigte als „jeden Arbeitnehmer mit einem Arbeitsvertrag von mehr als sechs Monaten“. Diese Kriterien gelten für rund 600 Unternehmen.

Phase 2: ab Januar 2024

Der Anwendungsbereich wird auf Unternehmen mit Sitz in Deutschland und mehr als 1.000 Mitarbeitern sowie auf in Deutschland eingetragene Zweigstellen ausländischer Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern ausgeweitet. Sobald dieser Geltungsbereich in Kraft tritt, wird das Kriterium für rund 2.900 Unternehmen gelten.

Wird sich das LkSG auf kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) auswirken?

Es ist wichtig zu erkennen, dass das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz einen Kaskadeneffekt haben wird. Es wird erwartet, dass KMU, die möglicherweise nicht in den Anwendungsbereich fallen, auch in den kommenden Monaten und Jahren betroffen sein werden, da größere Unternehmen wahrscheinlich die ihnen durch das Gesetz auferlegten Sorgfaltspflichten an ihre Lieferanten weitergeben werden.

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Wichtige Termine für die vollständige Umsetzung des deutschen Lieferketten-
sorgfaltspflichtengesetzes

  • Juni 2021: Das deutsche Parlament verabschiedet das „Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten“ (LkSG), das große Unternehmen zur Durchführung von Sorgfaltspflichten in der Lieferkette verpflichtet.
  • Februar 2022: Die Europäische Kommission nimmt den Vorschlag für eine Richtlinie über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen an.
  • Oktober 2022: Die EU verabschiedet die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)
  • Januar 2023: LkSG-Vorschriften treten für Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern in Kraft
  • Januar 2024: LkSG-Vorschriften treten für Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern in Kraft
  • 2024: Im Rahmen der CSRD müssen Unternehmen in Übereinstimmung mit den obligatorischen EU-Standards für Nachhaltigkeit Bericht erstatten.
  • 2026: Die deutsche Bundesregierung wird eine Evaluierung der Effektivität des LkSG durchführen

Welche menschenrechtlichen Risiken deckt das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz ab?

Im LkSG wird ein Risiko im Zusammenhang mit den Menschenrechten als „eine Situation, in der auf der Grundlage von Tatsachenhinweisen eine ausreichende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass eine Verletzung eines der folgenden Verbote auftreten wird“, definiert.

  • Beschäftigung eines Kindes von 15 Jahren oder jünger
  • Kinderarbeit von Kindern unter 18 Jahren in Übereinstimmung mit dem ILO-Übereinkommen über die schlimmsten Formen der Kinderarbeit, 1999 (Nr. 182)
  • Zwangsarbeit
  • Alle Formen von Sklaverei oder ähnliche Praktiken der Dominanz oder Unterdrückung am Arbeitsplatz
  • Missachtung der lokal geltenden Vorschriften über die Sicherheit am Arbeitsplatz und die Arbeitsbedingungen, wenn dadurch Arbeitsunfälle oder arbeitsbedingte Gesundheitsrisiken entstehen könnten
  • Missachtung der Vereinigungsfreiheit
  • Diskriminierung am Arbeitsplatz
  • Lohndiskriminierung
  • Schädliche Veränderungen des Bodens, Verschmutzung des Wassers, Verschmutzung der Luft oder schädliche Lärmemission
  • Erwerb, Erschließung oder anderweitige Nutzung von Grundstücken, Wäldern oder Gewässern, indem Personen unrechtmäßig von der Nutzung solcher Grundstücke, Wälder oder Gewässer ausgeschlossen oder ihnen die Nutzung entzogen wird
  • Beauftragung oder Einsatz privater oder öffentlicher Sicherheitskräfte zum Schutz eines Geschäftsprojekts, wenn die Sicherheitskräfte gegen das Folterverbot verstoßen, Leben oder Gesundheit schädigen oder die Vereinigungsfreiheit und das Recht auf Tarifverhandlungen beeinträchtigen
  • Handlungen oder Unterlassungen, die unmittelbar geeignet sind, ein geschütztes Rechtsgut zu verletzen

Welche Umweltrisiken fallen unter das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz?

Gemäß LkSG ist ein umweltbezogenes Risiko als „eine Situation, in der auf der Grundlage tatsächlicher Hinweise eine ausreichende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass eine Verletzung gegen eines der folgenden Verbote auftreten wird“, definiert.

Minamata-Übereinkommen

Herstellung von Produkten mit Quecksilberzusatz gemäß Artikel 4 des Übereinkommens

  • Verwendung von Quecksilber oder Quecksilberverbindungen in Herstellungsprozessen gemäß Artikel 5 des Übereinkommens nach dem Auslaufdatum
  • Umgang mit Quecksilberabfällen, der nicht den Anforderungen von Artikel 11 des Übereinkommens entspricht

Stockholmer Übereinkommen über persistente organische Schadstoffe (POPs)

  • Herstellung und Verwendung von Chemikalien gemäß Artikel 3
  • Unsichere Handhabung, Sammlung, Lagerung und Entsorgung chemischer Abfälle, die im Widerspruch zu den Anforderungen von Artikel 6 des POP-Übereinkommens steht

Basler Übereinkommen

  • Export von gefährlichen Abfällen und anderen Abfällen gemäß Artikel 1
  • Ausfuhr gefährlicher Abfälle aus den in Anhang VI des Basler Übereinkommens aufgeführten Staaten in nicht darin aufgeführte Staaten
  • Einfuhr von gefährlichen Abfällen und anderen Abfällen aus Nicht-Vertragsstaaten des Übereinkommens

Wie können sich Unternehmen auf die Auswirkungen und Berichtsanforderungen des LkSG vorbereiten?

Die Due-Diligence-Verpflichtungen gemäß dem Gesetz umfassen mehrere wichtige Anforderungen. Diese sind im Folgenden aufgeführt. Bemerkenswert ist, dass die Kategorien und Berichtsanforderungen eine Verlagerung hin zu einem ganzheitlicheren Ansatz der Berichterstattung symbolisieren. Dieser geht über die traditionellen Metriken und Indikatoren hinaus und bezieht andere Faktoren, insbesondere die Arbeitsbedingungen der Mitarbeitenden, mit ein.

Anforderungen an die Berichterstattung über Risikomanagement und Risikoanalyse

Alle Unternehmen müssen ein angemessenes Risikomanagement implementieren oder das bestehende Risikomanagement entsprechend anpassen. Sie müssen feststellen, ob ihre Geschäftstätigkeit oder ihre Geschäftsaktivitäten in der Lieferkette das Potenzial haben, Menschenrechte zu verletzen.

Grundsatzerklärung

Unternehmen müssen eine Erklärung zu ihren Menschenrechten und ihrer Umweltstrategie abgeben. Die Unternehmenserklärung muss das Verfahren zur Einhaltung der menschenrechtlichen und ökologischen Sorgfaltspflichten in der Lieferkette, die identifizierten spezifischen Risiken sowie die menschenrechtlichen und ökologischen Erwartungen des Unternehmens an seine Mitarbeiter und Lieferanten enthalten.

Präventions- und Abhilfemaßnahmen

Auf der Grundlage der Risikoanalyse müssen die Unternehmen geeignete Präventiv- und Abhilfemaßnahmen ergreifen oder überprüfen. Dies gilt für die Auswahl und Überwachung von Lieferanten, die Erstellung von Verhaltenskodizes, die Durchführung von Schulungen und die nachhaltige Vertragsgestaltung.

Beschwerdeverfahren

Unternehmen müssen einen Beschwerdemechanismus entwickeln, umsetzen und schriftlich veröffentlichen. Über diesen können (potenziell) Betroffene sowie Personen, die von möglichen Verstößen Kenntnis erlangen, auf menschenrechtliche Risiken und Verletzungen hinweisen. Es ist auch notwendig, dass die Wirksamkeit des Beschwerdeverfahrens jährlich und bei Bedarf ad hoc überprüft wird.

Dokumentations- und Berichtspflichten

Alle Due-Diligence-Verpflichtungen müssen dokumentiert werden. Zudem muss jährlich ein Bericht erstellt und veröffentlicht werden. Dieser Bericht muss auch an das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) weitergeleitet werden.

Verwandte Lektüre: Anleitung zur Erstellung eines Nachhaltigkeits-Aktionsplans (mit einer kostenlosen herunterladbaren Vorlage)

Welche Folgen hat die Nichteinhaltung?

Die Einhaltung der Anforderungen des LkSG ist für Unternehmen von entscheidender Bedeutung, um ihren Ruf und ihr Geschäftsergebnis zu schützen, da die Strafen bei Verstößen hoch sind.

  • Geldstrafen: Je nach Art und Schwere des Verstoßes können Geldstrafen von bis zu 8 Millionen Euro verhängt werden. Darüber hinaus können Unternehmen mit einem durchschnittlichen Jahresumsatz von über 400 Millionen Euro mit einer Geldbuße von bis zu 2 % ihres durchschnittlichen Jahresumsatzes belegt werden.
  • Verbot öffentlicher Ausschreibungen: Eine vielleicht ebenso wichtige, wenn nicht sogar wichtigere Konsequenz ist, dass Unternehmen, die gegen die Vorschriften verstoßen, für bis zu drei Jahre von der Vergabe öffentlicher Aufträge in Deutschland ausgeschlossen werden können.

Darüber hinaus können Gewerkschaften und NGOs auch befugt sein, Rechtsstreitigkeiten für eine betroffene Partei zu führen.

Das BAFA wurde mit wirksamen Durchsetzungsfähigkeiten ausgestattet, um das Lieferkettenmanagement von Unternehmen zu überwachen, und kann auf eigene Initiative oder auf Wunsch einer betroffenen Person handeln. Die Behörde hat das Recht, Geschäftsräume zu betreten, Informationen zu verlangen und Unterlagen einzusehen.

Vorbereitung von Nachhaltigkeitsdaten zur Erfüllung der LkSG-Berichtsanforderungen

Die IBM Envizi ESG Suite kann die GSCA-Berichtspflichten eines Unternehmens unterstützen, indem sie Finanzdaten in einem überprüfbaren System bereitstellt.

Insbesondere die Value-Chain-Umfragen und -Bewertungen von IBM Envizi sind ein zentrales Portal, mit dem sich ESG-Metriken aus der gesamten Wertschöpfungskette einfach und sicher erfassen lassen, um den Berichtsprozess zu vereinfachen. Das Modul kann dazu beitragen, wertvolle Erkenntnisse zu gewinnen, um Unternehmen bei ihren Wesentlichkeits- und Risikobewertungen in den folgenden Bereichen zu unterstützen:

  • Quantitative und qualitative Metriken von internen und externen Lieferanten in einem einzigen digitalen Aufzeichnungssystem erfassen
  • Datenerfassung verwalten, Fortschritte verfolgen und Reaktionen ansehen
  • Das Risiko mit maßgeschneiderten Tools zur ESG-Risikobewertung und der Visualisierung von Bewertungen für Lieferanten, Portfolios und Sektoren bewerten, um zu erkennen, wo Sie Prioritäten setzen und die Leistung verbessern müssen

Zusammenfassung

Für Unternehmen ist ein robuster Nachhaltigkeitsansatz in ihrer gesamten Lieferkette heute ein geschäftliches Muss. Unternehmen, die ihren Sorgfaltspflichten in Bezug auf Umweltstandards und Menschenrechte nicht nachkommen, erleiden sowohl wirtschaftliche als auch Reputationsschäden und sehen sich mit Hindernissen konfrontiert, wenn sie in Deutschland tätig sind.

Da das Europäische Parlament kürzlich einen Richtlinienvorschlag zur Nachhaltigkeitsprüfung von Unternehmen angenommen hat, steht ein einheitlicher Prozess zur Sorgfaltspflicht in der Lieferkette bevor. Dieser hätte dann Vorrang vor nationalen Sorgfaltspflichtgesetzen.

In Verbindung mit der Einführung der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeit von Unternehmen (CSRD), die 2024 in Kraft treten wird, wird die Richtung der Nachhaltigkeit und der Sorgfaltspflicht in der Lieferkette immer deutlicher, da die Regierung beginnt, mehr Rechenschaftspflicht von den Unternehmen zu fordern.

Unternehmen sollten jetzt damit beginnen, sicherzustellen, dass sie die Umwelt-, Arbeits-, Gesundheits- und Sicherheitsgesetze einhalten. So machen sie sich zukunftsfähig gegenüber neuen Gesetzen.

Hinweis: Die Informationen in diesem Artikel wurden zuletzt im Oktober 2022 aktualisiert. Die neuesten Informationen und Updates finden Unternehmen in den offiziellen FAQs zum LkSG.

Autor

IBM Envizi

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